Mein erster Wahlkreistermin am 03. April 2025 führte mich an einen besonderen Ort – auch wenn er offiziell anonym bleiben muss: zur Telefonseelsorge Stuttgart e.V.
Ich bin sehr dankbar, dass dieser Besuch so kurzfristig möglich war – und dass ich einen so offenen, ehrlichen Einblick in die Arbeit vor Ort bekommen habe.
Schon beim Ankommen war spürbar, mit wie viel Herzblut hier gearbeitet wird. Ehrenamtlich. Rund um die Uhr. Immer erreichbar. Ohne großes Aufheben – aber mit enormer Wirkung.
Wenn Zuhören mehr bedeutet
In den Gesprächen mit dem Team habe ich viel darüber gelernt, wie tiefgehend und sensibel diese Arbeit ist. Etwa 200 Menschen engagieren sich in Stuttgart ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge – sie nehmen sich Zeit, hören zu, begleiten. Sie geben keine schnellen Ratschläge, sondern halten aus, was gesagt werden muss. Und das auf Augenhöhe – mit Respekt, Offenheit und ganz viel Menschlichkeit.
Was mich besonders berührt hat: Die Ehrenamtlichen kommen aus ganz unterschiedlichen Lebensphasen – von Anfang 20 bis Mitte 80. Diese Vielfalt ist eine große Stärke. Denn auch die Anrufenden sind ganz unterschiedlich: Jugendliche mit Sorgen um ihr Körperbild, Erwachsene mit Depressionen, ältere Menschen, die unter Einsamkeit leiden. Und leider auch immer wieder Menschen mit suizidalen Gedanken.

Psychische Gesundheit – ein wachsendes Thema
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Mehr als 13.000 Telefongespräche im Jahr, dazu rund 1.300 Kontakte per Mail und Chat. Seit der Corona-Zeit sind psychische Belastungen deutlich gestiegen – vor allem bei jungen Menschen. Und es wird nicht weniger.
Die Telefonseelsorge ist oft die letzte Anlaufstelle – oder die erste, wenn sonst niemand da ist. In ganz seltenen Fällen (etwa fünf Mal pro Jahr) begleiten die Mitarbeitenden sogar Notrufe, bis Rettungskräfte eintreffen. Auch das gehört zur Realität.
Was nehme ich politisch mit?
Ich nehme aus diesem Besuch viele Eindrücke mit – und klare Aufgaben. Die Telefonseelsorge ist ein System, das funktioniert – aber es steht unter Druck.
- Die Finanzierung ist in Stuttgart aktuell stabil, doch das gilt nicht für alle Regionen. Außenstellen stehen vor Kürzungen.
- Die Zuständigkeiten zwischen Kommunen, Land und Bund sind oft unklar – das erschwert gezielte Unterstützung.
- Es braucht neue Förderstrukturen – zum Beispiel über Quartiersarbeit, Stiftungen oder kommunale Beteiligung.
- Öffentlichkeitsarbeit sollte stärker unterstützt werden, damit gerade jüngere Menschen die Angebote besser kennen.
Ich werde diese Punkte mitnehmen – in Gespräche mit Kolleg:innen, in Ausschüsse und in die Arbeit im Bundestag. Denn wer anderen zuhört, verdient, dass auch ihm zugehört wird.
Wer Hilfe braucht, bekommt sie. Immer.
Wenn Sie selbst jemanden zum Reden brauchen – oder einfach nicht weiterwissen:
Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr erreichbar – anonym, kostenfrei und mit offenen Ohren.
📞 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222
💻 www.telefonseelsorge.de
Danke an das gesamte Team der Telefonseelsorge Stuttgart für Ihre Offenheit, Ihre Arbeit – und Ihre Menschlichkeit.